Non scholae, sed vitae discimus! – Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir! Dies ist eine bekannte Verkehrung des Originalzitats von Seneca - einem römsichen Philosophen der Kaiserzeit: non vitae, sed scholae discimus. (Nicht für das Leben, sondern allein für die Schule büffeln wir...)
Die Debatte, warum Latein oder anderes noch gelernt werden sollte, ist alt. Was ist nützlich? Was ist sinnvoll? Wofür können wir uns motivieren ...

Hier folgt unsere persönliche Antwort, warum das Erlernen einer "scheinbar unnützen, toten Sprache" viel Spaß machen kann und auch viel Potential für ein lebenlanges Lernen in sich birgt. 

Formale Informationen zurerst: Am Paul–Natorp–Gymnasium wird Latein vor allem ab der 7. Klasse als reguläre zweite Fremdsprache unterrichtet. In der Oberstufe kann Latein dann im Grund- oder Leistungskurs bis ins Abitur geführt werden. Es gibt auch die Möglichkeit ab der 8. Klasse Latein Wahlpflichtkurs als dritte Fremdsprache zu wählen. Nach fünf erfolgreichen Jahren erhält man die Bestätigung über ein offizielles Latinum.

Also warum sollte man nun sich entscheiden Latein zu lernen - eine "tote" Sprache?

 

1. Weil man im Lateinunterricht eine sprachliche Allgemeinbildung erlangt.

Gerade weil Latein kein "Sprechunterricht" einer modernen Fremdsprache ist, gibt es viele andere Fähigkeiten, die erworben werden. Während man lateinische Texte analysiert und übersetzt, wird Genauigkeit im Umgang mit Satzstrukturen und die Ausdrucksfähigkeit im Deutschen verbessert. Man lernt, genau hinzusehen, geeignete Ausdrücke zu suchen und mit der eigenen Sprache kreativ umzugehen. Die Reflexion der eigenen Sprache bewirkt demnach einen verbesserten Umgang mit ihr. Nicht umsonst war es lange Zeit undenkbar, dass man Jura oder Philosophie ohne Latein- oder Griechischkenntnisse erfolgreich ausüben konnte. Gerade im 21. Jahrhundert, wo Kommunikation immer umfangreicher, komplexer und voller Missverständnisse gerät, sollte das intensive Bemühen um ein präzises Sprachverständnis ein Fundament sein.

Durch den hohen Anteil an lateinischen Ursprüngen in den europäischen Sprachen gibt es aber auch viele Anknüpfungspunkte zum Unterricht in den modernen Fremdsprachen. Durch das Erlernen von Vokabeln und Grammatik wird dieses Fundament gelegt, mit dem im Deutschen, im Englischen, Französischen oder Italienisch-Unterricht Querverbindungen geschaffen werden können. Aber auch später im Leben werden einem die Zugänge zu anderen romanischen Sprachen erleichtert. 

2. Weil Latein eine Verbindung zu vielen Fächern ermöglicht.

Da Latein als lingua franca Europa und auch die römische Kultur über Jahrhunderte seit der Antike Europa intensiv prägten, bietet der Latein-Unterricht unzählige Anknüpfungspunkte sowohl in sprachlicher als auch in geschichtlicher und kultureller Hinsicht. Die römische Republik, das römische Imperium gaben konkrete Rechtsvorschriften, Staatspoltik und auch Philosophie für Europa vor. Die Sprache war über Jahrhunderte bis in die Renaissance und Aufklärung hinein die Sprache der Wissenschaft. So sind in der Biologie oder auch Mathematik selbstverständlich Bezeichnung auf Latein.

Sicherlich kennt ihr das Springkraut, auch genannt „impatiens noli-tangere“. Wenn ihr die Übersetzung „der ungeduldige – nicht anfassen!“ kennt, könnt ihr euch leichter merken, dass die Fruchtknoten bei Berührung aufplatzen und der Samen verstreut wird. Genauso heißt eine Linie, die einen Kreis berührt auch "Tangente" (die Berührende). Dies sind nur zwei Beispiel für die zahlreichen Lernhilfen bei naturwissenschaftlichen Inhalten.

Auch im Geschichts- und Politikunterricht könnt ihr vom Lateinunterricht wesentlich profitieren. Die Grundlagen der Politik (Was ist ein Staat? Welche Staatsformen gibt es? Wie kann ein Staat regiert werden?) und die Kenntnis über die kulturellen Ursprünge unserer Gesellschaft sind grundlegende Bestandteile des modernen Lateinunterrichts. Aber auch der umfangreiche Schatz der griechisch-römischen Mythen spielen in der Literatur (Shakespeare etc.), dem modernen Film (vgl. Percy Jackson, Marvel-Filme, Her etc.), der Werbung oder gar der politischen Symbolsprache eine zentrale Rolle.

3. Weil Latein nicht nur stures Formenlernen bedeutet.

Lateinunterricht setzt sich aus drei Schwerpunkten zusammen: Sprache, Kultur und Methodik.

Im Bereich Sprache werden die grammatikalischen und syntaktischen Grundlagen erworben, um in der Oberstufe lateinische Originaltexte zu übersetzen. An dieser Stelle stößt der Unterricht jedoch noch lange nicht an seine Grenzen.

Nun werden die Informationen, die wir dank der Übersetzung erhalten haben, zusammengefasst, interpretiert, diskutiert und letztlich mit Aspekten der heutigen Zeit verglichen. Somit erhält man einen glaubwürdigen Einblick in eine vergangene, bislang fremde Welt (Bereich Kultur). In einer Zeit, in der Wissen meist in aufgearbeiteter und komprimierter Form vermittelt wird, blickt der lateinische Kenner auf die Ursprünge zurück und entwickelt ein differenziertes und objektives Urteilsvermögen. Der Latein-Unterricht bietet quasi den Luxus etwas mal "ganz genau" machen zu können. 

Im Bereich Methodik werden Lernstrategien erprobt und eingeübt – zum Lernen von Vokabeln, grammatischer Formen, syntaktischer Besonderheiten u.v.m. Diese Lernstrategien sind universell.

Vor allem bietet ein moderner Lateinunterricht nicht nur das klassische „Pauken“, sondern auch vielzählige spielerische und kreative Ansätze für Spaß im Unterricht. (Projekte)