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Exkursion des RelPlus-7-Kurses in das Evangelische Seniorenheim Albestraße am 10. Mai 2016

Am 10. Mai 2016 nahmen 10 Schüler und Schülerinnen der jetzigen Klassen 8b und 8c an einer Exkursion in das Evangelische Seniorenheim Albestr. (Friedenau) teil, dessen Träger die Diakonie ist. Die Exkursion stand am Ende einer Unterrichtsreihe zum diakonischen Lernen.

Diakonsiches Lernen? Ist das nicht letztendlich das gleiche wie soziales Lernen, wie es auch im Ethikunterricht statt findet? Der diakonische Bildungsansatz, der soziales Praxislernen in einen christlichen Glaubens- und Wertezusammenhang stellt, setzt zwei besondere Akzente: Erstens wird ein emotional-emphatischer Aspekt betont, wie dies beispielsweise in der biblischen Geschichte des Barmherzigen Samariters zum Ausdruck kommt. Dort heißt es in Lk 10,33: "Aber ein Samariter, der auf der Reise war, kam zu ihm [dem überfallenen Menschen] hin; und als er ihn sah, wurde er innerlich bewegt". Der Samariter, der in der damaligen israelitischen Gesellschaft zu einer diskriminierten Minderheit gehörte, lässt sich von Menschen, die Gewalt, Krankheit oder Unrecht erfahren, bewegen und handelt. Hier geht es nicht um ein sentmentales Mitleid oder Helfersyndrom, sondern um eine grundlegendes Mitgefühl auf einer gesellschaftspolitischen und gesellschaftskritischen Ebene. Es geht um die Fähigkeit, Unrecht zu empfinden und sich für eine Kultur engagierter Mitmenschlichkeit einzusetzen. Denkt man an die aktuelle Frage Carolin Emckes, wie es dazu kommt, dass Menschen in Deutschland mit Geflüchteten augenscheinlich nicht mitfühlen können, sondern in erster Linie hassen, erscheint dieser Aspekt diakonsichen Lernens so aktuell wie selten zuvor.

Zweitens lenkt die Bibel den Blick auf das wechselseitige Hilfehandeln. So sind Helfende nach dem Gleichnis des Barmherzigen Samariters nicht nur Nächste für jemanden, sondern werden auch zu Nächsten durch jemanden. Das heißt, im diakonischen Handeln geht es nicht nur um die Frage, wie wir andere Menschen sinnvoll unterstützen können, sondern auch darum, wie sie gerade in Zeiten des Selbstoptimierungs-Dogmas zu unserer Menschlichkeit beitragen.

In der Reihe ,Diakonie', die der Exkursion in das Evangelische Wohnheim Albestr. vorausging, setzten sich die Schülerinnen und Schüler anhand des Gleichnisses vom Barmherzigen Samariter und konkreten Praxisbeispielen aus der diakonischen Arbeit mit Fragen des Mitgefühls und der Mitmenschlichkeit auseinander. Eine besondere Sensibilität entwickelten die Lernenden für die Frage, wie soziale Mitarbeiter_innen diakonische Werte angesichts bestehender Pflegeschlüssel und anderer wirtschaftlicher Zwänge überhaupt umsetzen können.

Die Exkursion begann damit, dass die Schülerinnen und Schüler einen Mitarbeiter des Sozialdienstes interviewten. Darin kam zum Ausdruck, dass die wenige Zeit mit einzelnen Mitbewohner_innen für ihn tatsächlich ein Konflikt darstellt. Nichtsdestotrotz gebe es im Alltag des Seniorenheims aber immer wieder auch Inseln der Begegnung, sei es beim Spaziergang oder beim gemeinsamen Singen. Die Schülerinnen und Schüler konnten in den kommenden Stunden beides erfahren. Zunächst besuchten sie einzelne Bewohner_innen in ihren Zimmern und begleiteten sie zum Kaffeetrinken. Beeindruckt waren einige Schülerinnen und Schüler von der teilweise fürstlichen Einrichtung mancher Zimmer. Etwas traurig zeigten sich Schülerinnen, die eine gewisse Zeit mit demenzkranken Bewohner_innen verbrachten. Besonders lustig fand eine andere Schülerin, dass alle Bewohner_innen, mit denen sie gesprochen hat, die Serie "Auf Streife" schauten. "Ein bisschen mulmig" beschrieb eine Schülerin ihr Gefühl, als sie den fensterlosen Sterberaum besichtigte, in dem nur eine Liege stand. Abgeschlossen wurde dieser erlebnisreiche Ausflug mit einem gemeinsamen Singen. Die Schülerinnen und Schüler sangen zusammen mit den Mitbewohner_innen Schlager und trugen solistisch ihre Lieblings-Popsongs vor.

Resümierend lässt sich sagen, dass die Schüler und Schülerinnen während dieser Exkursion auf sehr verschiedene, teilweise auch existentielle Weise bewegt wurden. Allein durch diesen Erlebnisreichtum lässt sich sagen, dass sie durch den Mitarbeiter und die Bewohner_innen an diesem Tag zu Nächsten geworden sind.

Johann Honnens